BSE: Verbraucherverhalten ändert sich

Ob Glykol im Wein, Fadenwürmer in Fischen oder gepanschtes Olivenöl - die Lebensmittel-Skandale der Vergangenheit hatten meist keine langfristigen Folgen für das Verbraucherverhalten. Irgendwann kauften die meisten Menschen wieder ein wie zuvor. Bei der neuen BSE-Krise könnte das vollkommen anders sein: Experten rechnen damit, dass sich die Ernährungsgewohnheiten der Deutschen diesmal deutlich verändern - und zwar nicht nur für die Dauer weniger Monate.

"Die Situation ist heute ganz anders als bei der ersten BSE-Krise 1994 bis 1996", sagt Manfred Heuser, Fleischexperte bei der Centralen Marketing-Gesellschaft der Deutschen Agrarwirtschaft (CMA) in Bonn. Damals habe sich die Diskussion auf Großbritannien konzentriert, "und wir haben anschließend zu lange argumentiert, dass solche Fälle in Deutschland nicht möglich sind". Nun seien die Verbraucher nach dem Auftreten von Rinderwahnsinn in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern "unheimlich sauer" und kauften nicht einmal das importierte Rindfleisch aus Südamerika, auf das der Handel rasch umgestiegen sei. Der Rindfleischmarkt sei derzeit "total zusammengebrochen", sagt Heuser. Es sei damit zu rechnen, dass der Durchschnittsverbrauch pro Kopf und Jahr, der 1996/97 nach der ersten BSE-Krise von 25 auf etwa 15 Kilogramm gefallen war und sich dann stabilisiert hatte, erneut kräftig zurückgeht und langfristig auf niedrigem Niveau bleibt - wie niedrig, könne heute noch niemand voraussagen. Auch müsse abgewartet werden, wie die Erzeugerseite reagiert: Schon Mitte der neunziger Jahre hätten viele Rindermäster aufgegeben, auch diesmal sei es wahrscheinlich, dass das Rindfleisch-Angebot erheblich geringer wird.

Die Suche nach Alternativen zum Rindfleisch wird nicht nur eine kurzfristige Zeitgeist-Erscheinung sein, davon ist auch Angelika Michel-Drees von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) in Berlin überzeugt. Viele Menschen hätten ihr Verhalten schon geändert, die Zahl der Vegetarier in Deutschland dürfte nach Ansicht der Ernährungsexpertin in den kommenden Monaten weiter steigen.

Wer sich für völligen Fleischverzicht entscheidet, sollte jedoch nicht gleich den ganz radikalen Weg gehen. Angelika Michel-Drees rät von veganer Lebensweise ab: Fisch und Milchprodukte sollten weiter regelmäßig auf dem Speiseplan stehen, weil sonst die Versorgung des Körpers mit wichtigen Nährstoffen nicht gewährleistet sei.

Dauerhaft stärker als bisher gefragt sein dürften Schweinefleisch, Geflügel und Käse. Die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) in Bonn rechnet für das Jahr 2001 mit steigenden Preisen für Fleisch von Schweinen, Puten und Hühnern. Rind- und Kalbfleisch dürften dennoch zumindest für den Endverbraucher nicht günstiger werden, weil sich die gestiegenen Kosten für die Schlachtabfall-Entsorgung sowie für die BSE-Tests zumindest teilweise auf die Ladenpreise auswirken.

Zu den Gewinnern der BSE-Krise zählt auch ein Produkt, das vom Rind stammt: Käse. Während sich bei Milch und Milchprodukten der Absatz seit Bekanntwerden der deutschen Fälle von Rinderwahnsinn kaum verändert habe, zeigt der Käseverbrauch "deutlich nach oben", so Eberhard Hetzner, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes in Bonn, der damit rechnet, dass dies auch langfristig so bleibt. War schon nach der ersten heftigen BSE-Diskussion 1994 ein Absatzplus von drei Prozent verzeichnet worden, könnten es diesmal auf das gesamte Jahr 2001 bezogen vier bis fünf Prozent sein, schätzt Hetzner. (dpa, 3. Januar 2001)

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