Familienunternehmen in Hamburg: Was sind ihre Stärken? Wer steht dahinter? Wo liegt ihre Zukunft?

von Mathias Eberenz

Der Papagei der Pelzhändler

Schwarze Persianermäntel oder graue Jacken aus Kaninchenfell? Das war die Mode vergangener Jahrzehnte. Im Ausstellungsraum des Hamburger Pelzhändlers Bruno Voss dominieren heutzutage Farben die Kollektion: Nerzmäntel in hellem Blau oder dunklem Rot. Fuchsjacken in zartem Grün oder frechem Pink. Dazu die aktuellen Trendfarben der Saison - Flieder und Pistazie. "In der Farbe liegt eben die Würze", sagt Inhaber Gerd Hartmann. Und verrät damit auch gleich sein wichtigstes Geheimnis. Denn ohne seinen Mut zur Farbe gäbe es die 1951 vom Eppendorfer Fell- und Rauchwarenhändler Bruno Voss gegründete Firma wohl längst nicht mehr. Schließlich ist von den einst 20 Wettbewerbern in der Stadt so gut wie keiner mehr im Geschäft. "Sie waren fast alle zu farblos, zu ideenlos, um im weltweiten Kampf um Marktanteile zu bestehen", sagt Hartmann, der sich selbst als "bunten Papagei der Pelzhändler" bezeichnet.

Bei Bruno Voss habe Innovation eben Tradition, sagt der 62-jährige gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann. "Schließlich waren wir 1956 auch der erste Pelzhändler in Hamburg, der Konfektionsware hergestellt hat, das heißt, wir haben nicht nur Felle verkauft, sondern auch gleich auf die einzelnen Konfektionsgrößen zugeschnittene Mäntel und Jacken." Damals hatte die Firma nur wenige Angestellte. Heute beschäftigt Bruno Voss rund 100 Mitarbeiter und exportiert rund um den Globus. In die großen Metropolen, aber auch nach Russland und China. Zwischen 400 und 500 Teile umfasst die aktuelle Kollektion im Hauptquartier direkt an den Fernbahngleisen zwischen Hauptbahnhof und Berliner Tor. "Produziert wird ausschließlich in Deutschland", sagt Hartmann, der 1971 zunächst als Teilhaber in die Firma eingetreten ist. Kurz darauf hatte er seinen "angeheirateten Onkel Bruno" ausgezahlt und das Geschäft übernommen.

"Junge Frauen wünschen sich wieder Pelz." - Gerd Hartmann, Pelzhändler

Ein günstiger Zeitpunkt. Denn in den 70er-Jahren boomte die Branche. "Weihnachten war nicht Weihnachten ohne einen Pelz unter dem Baum", erinnert er sich. Doch bald darauf brachen harte Zeiten an. Händler mussten sich gegen wütende Proteste der Tierschützer zur Wehr setzen. Und Naturschützer forderten harte Umweltauflagen für die Fabriken der Fellgerber. "Das war eine schwere Zeit. Man war machtlos. Personal war kaum zu bekommen, und am Ende wurde die Branche fast vernichtet."

Doch während viele Firmen noch um ihr Überleben kämpften, ließ sich Hartmann auf den großen Modemessen in Paris und Mailand inspirieren. Zwar hatten diese Textil-Modenschauen für Fellhändler eigentlich keine Bedeutung. "Aber mir war klar, dass der Pelz völlig neu präsentiert werden musste. Schließlich verlangten die Kunden damals nach etwas Neuem. Und da kam mir die Idee, edle Textilien mit Fellen zu verbinden", sagt Hartmann. Anfangs lief der Verkauf der Kollektionen nur schleppend an, doch am Ende lag er goldrichtig. Denn inzwischen haben auch die großen Couturiers den Reiz des Materialmix erkannt. "Junge Frauen wünschen sich heute wieder Pelz", sagt Hartmann. "Doch sie wollen ihn nicht nur im Winter tragen. Deshalb färben wir die Felle aus Nerz, Fuchs, Zobel oder Chinchilla passend zu den Stoffen und setzen den Pelz dann als Accessoire ein, zum Beispiel am Ärmel oder am Kragen."

Ein einträgliches Geschäft. "Der Umsatz ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen", freut sich Hartmann, der in diesem Jahr 50-Jähriges Firmenjubiläum feiert. Je zur Hälfte geht die Produktion in den steigenden Export sowie an Einzelhändler und große Bekleidungshäuser in Deutschland. Mit Tierschützern muss er sich nur noch selten auseinander setzen. "Wenn die Kritik sachlich ist, höre ich zu, aber für emotionale Attacken fehlt mir das Verständnis", erklärt er. Ohnehin stamme keines des Felle von Tieren, die vom Aussterben bedroht seien. "Das ist schon seit Jahrzehnten oberstes Gebot. Sonst wäre ich schon nicht mehr im Geschäft." Auch um seine Nachfolge muss sich Hartmann wohl nicht sorgen. Seine Zwillingstöchter sind mittlerweile erwachsen und studieren. Um sie schon mal ans Geschäft zu gewöhnen, fliegt er sie gelegentlich zu den großen Modemessen ein. Zwar will er ihnen das Geschäft nicht aufdrängen. "Aber natürlich ist es mein größter Wunsch, dass sie irgendwann mal meine Arbeit fortführen."

Eine Branche in der Kritik

180 Firmen stellen bundesweit Pelzkonfektionen her, sagt Hans-Peter Lemm vom Deutschen Pelzinstitut. 85 Prozent der in Deutschland verarbeiteten Felle kommen aus Farm- und Weidehaltung. Dazu zählen Lämmer und Kaninchen, aber auch Nerze und Füchse. Nur 15 Prozent der Tiere werden in der Wildnis gefangen. Vom Aussterben bedrohte Tiere werden in Deutschland prinzipiell nicht verarbeitet. Das Washingtoner Artenschutzabkommen werde von den Händlern streng beachtet.

Tierschützer haben die Branche in den vergangenen Jahren durch Proteste massiv in Bedrängnis gebracht. Und es gibt auch weiterhin Kritik an Züchtern und Händlern. Zum Beispiel vom Hamburger Verein Tierbefreier e.V. Eine artgerechte Massenhaltung von Füchsen, Nerzen und Chinchillas, so der Vorwurf, sei auch unter Beachtung des Washingtoner Artenschutzabkommens nicht möglich.

So würden die Nerze der rund 40 Züchter in Deutschland oft monatelang in engen, nur 30 mal 90 Zentimeter messenden kleinen Käfigen gehalten. In ihrem natürlichem Lebensraum, etwa in Kanada, beanspruchten die Tiere hingegen ein Revier von 20 Quadratkilometern. "Es kommt deshalb sogar vor, dass sich die Tiere selbst zerstümmeln", so eine Sprecherin vom Hamburger Tierbefreier e.V. (Hamburger Abendblatt, 03. Juli 2001).

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