"Die Schießerei bringt nichts"

Eine Lanze für die Elster, den hierzulande wohl meistgehassten Vogel, bricht Veronika Huisman-Fiegen von der Krefelder Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft.
Jedes Jahr zur Brutzeit geht ein Aufschrei der Empörung durch die Reihen der Gartenbesitzer - nämlich dann, wenn sie beobachtet haben, dass sich eine Elster eine junge Amsel oder eine Meise aus dem Nest geholt hat. Dass es viele Grundstückseigentümer den schwarzweißen Schreihälsen selbst allzu leicht machen, wird meist nicht bedacht: Es gibt zu wenig Schutz bietende Hecken (viele sind von den scharfen Elsternaugen einzusehen), eine Architektur ohne Mauervorsprünge und die umgreifende "Nistkasten-Mentalität" der Menschen. "Gerade an den Nistkästen", weiß die Ornithologin und Landschaftswärterin Veronika Huisman-Fiegen, "sitzen Meisen wie auf dem Präsentierteller".

Seit 1. August dürfen alle Rabenvögel, zu denen die Elstern gehören, in Krefeld und im restlichen Nordrhein-Westfalen wieder bejagt werden - obwohl sie als Singvögel nach dem Bundesnaturschutzgesetz geschützt sind. Wie die meisten Bundesländer hat NRW 1995 eine generelle Befreiung des Jagdverbotes für Elster und Rabenkrähe zwischen dem 31. März und dem 1. August ausgesprochen. Allgemein wird davon ausgegangen, dass beide Arten in Wald und Flur Schaden anrichten.

Doch genau das bezweifelt Veronika Huisman-Fiegen. "Es gibt keinen Grund, Elstern und Rabenkrähen zu bejagen - denn es gibt durch sie keine nachweisbaren Schäden". Eine Untersuchung des Mageninhalts von Elstern habe gezeigt, dass der Nahrungsanteil von Eiern und Jungvögel unter einem Prozent liegt. "Eichhörnchen, Katzen und Marder richten einen viel größeren Schaden an", weiß die Ornithologin.

"Die ganze Schießerei bringt nichts", ist sie zudem überzeugt. Im Saarland, wo Rabenvögel noch immer geschützt sind, sei der Bestand an Niederwild genau so stark zurückgegangen wie in den Gebieten, wo sie bejagt werden. "Das Sterben der Arten hat mit der Aufgeräumtheit der Landschaft und der intensiven Landwirtschaft zu tun." Die Insekten draußen verschwinden, und die Vögel ziehen immer mehr in besiedelte Gebiete. Die kluge Elster hatte die Zeichen der Zeit frühzeitig erkannt. Was der Gartenbesitzer meist nicht sieht: Die Elster ist ein wichtiger Aasund Mäusevertilger. Natürlich ist sie als Allesfresser auch am Abfall zu finden.

"Ihr Bestand wird zu hoch eingeschätzt", ist Veronika Huisman-Fiegen sicher. "Die Nester sind sehr auffällig. Sie halten jahrelang. Außerdem baut die Elster in jeder Brutsaison zwei bis drei Stück." Die werden auch gern von Baumfalke und Waldohreule benutzt. Nach Feststellungen von Vogelschützern brüten nur 50 Prozent aller Elstern, 30 Prozent haben Bruterfolg, und flügge wird nur etwa ein Drittel des Nachwuchses.

Deshalb verblüfft die Ornithologin die Jagdstrecke der Krefelder Jäger. Danach wurden in der Saison 2000/2001 557 Rabenkrähen und 458 Elstern geschossen, im Kreis Viersen sogar 2190 Rabenkrähen und 2143 Elstern. "Nach unseren Zählungen gab es im Kreis im Winter 2048 Elstern und in Krefeld hochgerechnet 300 Paare. Stimmt die Statistik, dürfte es ja gar keine Elstern mehr geben."

Die Vogelkundler gehen davon aus, dass die Population der Rabenvögel einem Selbstregulierungsmechanismus unterworfen ist, der sich nicht durch die Jagd beeinflussen lässt. Werden es zu viele, werden sie von der eigenen Art bedrängt.

Info

Die "Krefelder Ornithologische Arbeitgemeinschaft" (Krog) setzt sich aus Mitgliedern des Naturschutzbundes (früher Deutscher Bund für Vogelschutz) zusammen. Das nächste Treffen findet am 6. September um 20 Uhr in der Nabu-Geschäftsstelle, Luisenstraße 71, statt. Alle Interessierten, auch Anfänger, sind willkommen. Ansprechpartner: Dr. Ludger Rotschuh (Tel. 76 18 89) und Veronika Huisman-Fiegen (Tel. 56 12 27). Jagdtrophäe Elster: Lebend ist der Rabenvogel nützlich. (WZ, 03. August 2001)
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