Initiative für Jagdverbot

Die Luchsfrevel brachten das Fass zum Überlaufen: Im Kanton Bern wollen Tierschützer die Jagd via Volksinitiative abschaffen. Ihr Kronzeuge ist der Kanton Genf, der Gleiches 1974 tat. Schon vor Zustandekommen sind hitzige Gefechte absehbar.

"Armi Sieche" seien die Jäger. Vor der Jagd glichen sie "Drogenkranken auf Entzug". Nach dem ersten Abschuss, wenn sie dem toten Tier den "grünen Bruch" ins Maul gestopft und ihre Tat "mit ihrer verlogenen Folklore verbrämt" hätten, sei ihre "Mordlust" für kurze Zeit gestillt". Solcherart an den Karren fährt den 2'700 Berner Jägern der 68-jährige Ernst Tschanz, Ex-Redaktor der Schweizerischen Gewerbezeitung. Er sammelt seit Dezember Unterschriften mit Privatpersonen und kleineren, teils mit militanten Aktionen bekanntgewordenen Tierschutzorganisationen wie Animal Peace. Ziel: Die Abschaffung der "Hobbyjagd" im Kanton Bern.

SVP-Mann als Jagd-Abschaffer

In Rage brachten Tschanz die mindestens fünf illegalen Luchstötungen, die im Bernbiet seit 1999 noch immer ungesühnt sind: "Mit ihrem Verhalten gegenüber dem Luchs haben die Jäger das Fass zum Überlaufen gebracht". Noch immer koche das Volk vor Wut, die Unterschriftensammlung laufe "wie geschmiert". Pikantes Detail: Tschanz ist als Berner mit Wohnsitz im "SVP- Kanton" Bern Mitglied der Zürcher SVP. Als solches lässt er an der obersten Berner Jägerin, SVP-Regierungsrätin Elisabeth Zölch, keinen guten Faden. Zölch in der SchusslinieZölch habe "Angst vor den Jägern" und tue "alles, damit diese nichts zu befürchten haben". Gleiches gelte für die übrigen politisch Verantwortlichen und für die Berner Justiz, welche die Luchs-Verfahren verschleppe. Für die Abschaffung der Berner Patentjagd führt Tschanz Genf als Kronzeugen an. Dort ist die Jagd seit 1974 verboten, und wie in Genf möchten die Initianten den Berner Wildbestand mit staatlichen Wildhütern kontrollieren, wenn nötig unter Mithilfe ausgesuchter Milizjäger.

Pro Natura und WWF abseits

Die Genfer Bilanz zum vom WWF mitinitiierten Jagdverbot ist positiv; hervorgehoben wird etwa, dass der Kanton mit der Abschaffung zu einem Paradies für Wasservögel geworden sei. Trotzdem wollen im Kanton Bern die Regierung und auch die grossen Naturschutzorganisationen nichts von einer Jagd-Abschaffung wissen. Genf könne nicht eins zu eins auf den Gebirgskanton Bern übertragen werden, lautet der Tenor. Pro Natura-Kantonalpräsident Peter Bieri verweist auf ein Grundsatzpapier seiner Organisation, das eine nachhaltige Bejagung als richtig erachtet und etwa eine wirksame Bekämpfung der Wilderei fordert. Pro Natura setze auf eine Partnerschaft mit den Jägern, auch wenn diese zeitweise ins Zwielicht geraten seien. Regierungsrätin Zölch betont, die Initiative bedeute "ein Mehrfaches an Kosten" und sei schon deshalb für den finanzschwachen Kanton Bern nicht realisierbar. "Jeglicher sachlichen Grundlage" entbehre die Kritik an ihrer angeblichen Protektion der Jägerschaft.

Nervöse Jägerschaft

Bei den Jägern hat indessen schon früh Nervosität um sich gegriffen. Entweder werde von allen Jägern das Gesetz befolgt, oder man risikere "das Ende der Berner Jagd", heisst es zum Thema Luchs und Jagdverbot sinngemäss in einem intern publizierten Artikel des kantonalen Jagd- und Wildtierschutzverbands. Präsident Werner Liebi will von Nervosität nichts wissen und betont, der Aufruf sei "kein Schuldeingeständnis". Bisher sei "noch kein Jäger verurteilt worden", sagt Liebi und geht zur Offensive über: Er glaube nicht, dass das "tiefe Niveau" der Jagdabschaffer im Volk ankomme.

Schmähbriefe und durchstochene Pneus

Initiant Tschanz kontert mit durchstochenen Pneus seines Autos, nächtlichem Telefonterror durch Jäger und "Schmähbriefen mit den ärgsten Schlämperligen", die er erhalte. Dies sei der Beweis der Nervosität in der Jägerschaft, die merke, dass die angebliche Legitimation für ihr Hobby zunehmend kritisch hinterfragt werde. (Berner Zeitung, 19. Dezember 2001)
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