Werbung mit viel zu glücklichen Hühnern - ein Fall fürs Gericht

Von Jörn Boewe

Glückliche Hühner in einem Nest aus Stroh unter einem rustikalen Dachbalken - mit diesem Bild ländlicher Idylle wirbt die Landkost-Ei-Erzeugergemeinschaft GmbH aus Bestensee für ihre «frischen Eier aus Bodenhaltung» im Sechser- und Zehnerpack. «Irrefrührende Werbung», meinten Verbraucherschützer, denn die Behausung des Bestenseer Geflügels sehe in Wahrheit ganz anders aus. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen legte im August Unterlassungsklage vor dem Landgericht Potsdam ein. Am 16. Januar wollen die Richter nun ihre Entscheidung bekannt geben. «Der Ausgang des Verfahrens ist noch völlig offen», sagte Gerichtssprecher Helmut Krah.

Natürlich seien die Bestenseer Eier-Erzeuger «nicht die einzigen Landwirte, die die Verbraucher systematisch täuschen», sagt Dieter Lang, juristischer Referent der Verbrauerzentralen. Für die Verbraucherschützer ist das Ganze ein Musterprozess. «Immer mehr Kunden sind bereit, beim Lebensmittelkauf Tierschutz und Umweltschutz zu berücksichtigen. Hersteller und Händler nutzen diesen Sinneswandel, indem sie bei der Verpackung, in der Werbung eine ländliche Idylle vorgaukeln.» Ob glückliche Kühe auf saftigen Weiden oder Putenschnitzel vom «Wiesen»-Hof.

Das Gericht wird entscheiden, ob die Fotowerbung geeignet ist, einen relevanten Teil der Kunden irrezuführen. Die Verbraucherschützer meinen, dem sei so, und sie glauben, es beweisen zu können. In einer Studie des Kölner Instituts für angewandte Verbraucherforschung hielten 17 Prozent der Befragten die Etikettierung für missverständlich, glaubten: «Diese Hennen suchen sich ihr Futter auf der Wiese.»

Mit Hinweis auf das «laufende Verfahren» mag man sich in der Bestenseer Hühnerfarm derzeit zur Sache nicht äußern, lässt aber durchklingen, dass man sich zu Unrecht vor den Kadi gezerrt sieht. Schließlich werbe praktisch die gesamte Branche mit solcherart «gestalterischen» Elementen. «Warum verklagen die ausgerechnet uns?», fragt ein Mitarbeiter. Vielleicht, weil die Landkost-Hühner Idylle auf dem Eierkarton so schön ist, so perfekt. «Das ist eindeutig irreführende Werbung und wird nicht besser dadurch, dass es andere genauso machen», beharrt Verbraucherzentralen-Jurist Dieter Lang. «Es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.»

Richtungweisend für den Ausgang des Verfahrens am 16. Januar könnte ein ähnlich gelagerter Prozess der Verbraucherverbände gegen den Handelskonzern Rewe sein. Die Klage gegen Rewe soll am 9. Januar vor dem Wiesbadener Landgericht zur Verhandlung kommen. Auf die Frage der Verbraucherschützer, ob durch die Werbung mit der ländlichen Idylle der Eindruck erweckt werden solle, «das Produkt sei auf der Grundlage artgerechter Tierhaltung hergestellt worden», antwortete Rewe lapidar: «Nach unserer Ansicht wird ein kritischer, wohlinformierter Durchschnittsverbraucher nicht auf die Idee kommen, in einem Discount-Markt Lebensmittel kaufen zu können, die in der von Ihnen beschriebenen Art produziert werden. Alleine schon der Preis für die beanstandeten Produkte lässt einen solchen Schluss nicht zu.» (Berliner Morgenpost, 30. Dezember 2001)

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