Delfinschwimmen: Tierisch im Trend

"Swim with the Dolphins": In Florida, Australien, Japan und erstmals auch in Europa, im Dolfinarium von Herderwijk, kommen Besucher dieser Aufforderung nach. Für manche ist es schlicht ein Freizeitspaß, andere setzten auf die heilsame Wirkung von Delfintherapien.
von Hilke Maunder

Bis zu den Schultern steht Myrtle Buchanan mit fünf weiteren Gästen im warmen Salzwasser der Lagune. Mit ihren Händen streichelt die junge Frau aus Washington die drei Delfine Khona, Sheila und Bubble, nimmt vorsichtig ersten Kontakt zu den drei Bottlenose-Weibchen auf. Eine Trillerpfeife um den Hals, beobachtet Trainerin Whitney Axley die Reaktion der Tiere. Auf ihr Handzeichen drehen sich die Meeressäuger, zeigen ihr "Blow Hole" auf dem Kopf und legen ihre lange Flaschennase in die Hand der Gäste. Wer möchte, darf Flipper jetzt ein Küßchen auf die Nase drücken - zur Begrüßung.

Auch im "Theater of the Sea", 1946 als erster Meerespark der USA auf den Florida Keys gegründet, gehört das Schwimmen und Schmusen mit Flipper zu den gefragtesten Veranstaltungen. In den Ferienmonaten sind die Termine zum "Delfinschwimmen" in fast allen Freizeitparks lange im voraus ausgebucht - trotz der recht hohen Preise von 125 bis 369 US-Dollar.

Während die Trainerin die Tiere mit Futter, Spielzeug oder Streicheleinheiten belohnt, verteilt sich die Gruppe in der Lagune. Der große Moment ist gekommen. Doch wer glaubt, er könnte frei nach Belieben mit den Tieren schwimmen, wird enttäuscht. Es werden feste Formen einstudiert und x-mal täglich erfolgreich präsentiert. Myrtle entscheidet sich für den "Foot Push". Getragen von der Schwimmweste, legt sie sich rücklings auf das Wasser und stellt ihre Füße angewinkelt nebeneinander. Zwei Delfine setzen ihre Nasen dagegen und schieben die junge Frau eine große Runde durch das Becken. Mensch und Tier, Seite an Seite.

Seit 1987 hat das "Theater of the Sea" diese Show im Programm - mit dem offiziellen Anspruch, durch eine derartige Aufklärung der Menschen letztendlich Leben und Überleben der Meeressäuger zu schützen. Nach Ansicht des Managements "genießen die Tiere die Interaktion mit dem Menschen". Stimmt nicht, kontert die Gesellschaft zur Rettung der Delfine (GRD), 1991 vom dreifachen Weltumsegler und Dokumentarfilmer Rollo Gebhard gegründet. Ausdrücklich warnt sie auf ihrer Website vor dem Besuch von Delfinschwimm- oder Streichelprogrammen: "Diese besonders in den USA sehr beliebten Urlaubsprogramme enden für die Tiere oft tödlich."

Bis zu tausend Besucher strömen täglich in den Anheuser-Busch-Abenteuerpark "Discovery Cove" bei Orlando, um mit Delfinen zu schwimmen. Bei diesem Andrang ist nach Ansicht der Kritiker weder eine artgerechte Haltung noch eine korrekte Aufsicht über die Begegnung zwischen Mensch und Tier möglich. Bedrängt vom Publikum, eingepfercht in viel zu kleine Becken, deren Design die Illusion einer artgerechten Umgebung wecken soll, werden die freundlichen Flipper aggressiv. Immer wieder werden Besucher bei Attacken verletzt.

"Flipper ist unser bester Freund, lustig wird's immer, wenn er erscheint, Spaß will er machen, kennt alle Tricks, er bringt uns Stunden des Glücks," schwärmte der Titelsong der TV-Serie. In Flipper's Sea School, in den fünfziger Jahren Ausbildungsort des Filmstars, residiert heute das Dolphin Research Center (DRC). Kommerzielle Freizeitangebote wie Delfinschwimmen werden dort ebenso angeboten wie therapeutische Ansätze. Zudem dient das Zentrum auf Grassy Key als "Kurhotel" für erholungsbedürftige Tiere aus Tiershows, Tierparks und Aquarien. Sie können den Zaun, der sie vor dem Bootsverkehr schützt, verlassen und freiwillig dahinter zurückkehren.

Kirsten Kuhnert ist von der Delfintherapie überzeugt. Bei ihrem Sohn Tim, der seit 1994 durch einen Unfall behindert ist, durchbrachen die Flipper von David Nathanson in Key Largo erstmals die Mauer, die den Jungen seit seinem Unfall umgab. Bei der Vollzeit-Therapie werden physisch oder psychisch behinderte Menschen mit zerebraler Lähmung, Down Syndrom und Autismus behandelt. Die Kosten: rund 13.000 Mark für 14 Tage.

Die Funktion der tierischen Therapeuten - sei es das heilpädagogische Reitpferd oder das heimische Haustier - ist stets identisch: Ausgestattet mit feinsten Sensoren, brechen sie mentale Barrieren. Ob die Echo-Ortung der Delfine dabei einen besonders heilenden Einfluss hat, Hirnströme, Nervenimpulse oder Blutbild positiv beeinflusst, wird derzeit weltweit von Wissenschaftlern untersucht. Ihr erstes Ergebnis: Der Ultraschall der Delfine synchronisiert die Hirnströme des Menschen - ein ungewöhnlicher neurologischer Zustand. (Spiegel online, 16. August 2001)

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