Ein Tag zu Ehren des Butterbrots

Sie heißen Stulle, Bemme, Schnitte oder Knifte. Das klingt handfest und kompakt - und so sind sie ja auch, die deutschen Butterbrote. Wenn an diesem Freitag in 20 deutschen Städten der Tag des Butterbrots gefeiert wird, ist das mehr als ein PR-Gag der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA). Das Butterbrot hat schließlich Geschichte.

Allein schon das Wort zaubert Lutz Kuntzsch, Mitarbeiter der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden, ein Lächeln ins Gesicht. Das Wort Butterbrot hat es bis in die russische Sprache geschafft, schwärmt der Wissenschaftler. Und ins Usbekische dazu. Eine sprachgeschichtliche Karriere sozusagen, die im 14. Jahrhundert in Deutschland begonnen hat.

Denn im Spätmittelalter kam die Butter in Deutschland erstmals aufs Brot. Mit Salz konserviert brachten Handelsschiffe der Hanse das Streichfett aus Norwegen, Schweden, Dänemark und den Niederlanden fassweise in die deutschen Städte. Der Reformator Martin Luther erwähnt die Putterpomme, ein mit Butter bestrichenes Brot, 1525 in einem Brief als beliebte Kindernahrung. Aus dem Jahr 1568 stammt das erste Butterbrot-Bild: Pieter Bruegel der Ältere malte in seinem Gemälde Bauernhochzeit ein Kind, das auf seinem Schoß ein angebissenes Butterbrot liegen hat.

Dass Butterbrote einen Wandel in den deutschen Nahrungsgewohnheiten auslösten, hat der Volkskundler Günter Wiegelmann nachgewiesen. Im frühen Mittelalter, schreibt er in seinem Buch Nahrung und Tischkultur im Hanseraum, stand Getreibebrei als tägliche Kost bei Kindern und Erwachsenen im Vordergrund. Zu dieser Zeit tunkten die Deutschen ihr Brot auch gern ins Bier. Als es Butterbrote gab, war die Biersuppe bald vergessen. Die bestrichenen Schnitten waren viel praktischer: Mit Käse belegt taugten sie als transportable Zwischenmahlzeit bei immer länger werdenden Arbeitstagen. Als dick belegte Knifte der Bergleute im Ruhrgebiet schaffte es das rustikale Butterbrot bis ins Industriezeitalter - und weiter. Die Butterbrotdose fehlt bald in kaum einer Schul- oder Aktentasche.

Für Feinschmecker machte der englische Earl of Sandwich das Butterbrot im 18. Jahrhundert hoffähig. Für Festmahlzeiten ließ er dünne Weißbrotscheiben mit edlen Zutaten belegen. Als dritte Variante kam Anfang des 19. Jahrhunderts, als der Zuckerkonsum stieg, auch der süße Brotaufstrich in Mode.

Im 21. Jahrhundert ist das Butterbrot noch lange nicht gegessen. Fast jede Bäckerei hat belegte Brote im Angebot, als jüdische Butterbrot-Variante ist der Bagel inzwischen auch in deutschen Metropolen im Vormarsch. Eine eigene Internetseite (butterbrot.de) ist für Schnittchen-Fans reserviert, eine Spaß-Band hat liebevoll die Hymne Bütterken komponiert. Da keimt höchstens die Frage auf, ob Deutschland den Tag des Butterbrots wirklich braucht. (dpa, 20. September 2001)

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