Eierbranche rügt politisches Opfer

Totales Käfigverbot ab 2006 in Deutschland bringt Schieflage im europäischen Wettbewerb mit sich

Von Andrea Wessel

Der Entschluss des Bundesrates, die Käfighaltung für Legehennen in Deutschland bereits 2006 und nicht wie erwartet 2009 im Alleingang abzuschaffen, hat die deutsche Eierwirtschaft bis ins Mark getroffen. Viele sehen die Existenz der Branche in Deutschland gefährdet.

Der Zentralverband der deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) in Bonn will gegen die Entscheidung juristisch vorgehen. Wie es von dort heißt, sind bereits Anwälte mit der Angelegenheit befasst, um dann zu entscheiden, wie verfahren werde. Der Verordnungstext wird in den nächsten Wochen erwartet.

"Die komplette Umstellung von Käfighaltung auf Boden- und Freilandhaltung kostet die Branche in den kommenden vier Jahren rund 3 Mrd. DM", schätzt Friedrich Behrens, geschäftsführender Gesellschafter von Heidegold in Fintel, den Aufwand.

"Verringert sich die Investitionssumme um 50 Mio., sinkt der Selbstversorgungsgrad um 1 Prozent", so der Experte; derzeit liege er in Deutschland bei rund 65 Prozent. Importe kommen ganz überwiegend aus den Niederlanden.

Anfragen aus Osteuropa

"Aber selbst wenn wir das Geld aufbrächten, könnte die Umstellung gar nicht bis zum avisierten Zeitpunkt gelingen", meint Gert Stuke, Generalbevollmächtigter der Deutschen Frühstücks-Ei in Hörsten, ein Unternehmen, das 100-prozentig auf Käfighaltung ausgerichtet ist. Aufwendige Genehmigungsverfahren und ein Platzbedarf von schätzungsweise 10 000 ha stünden dem entgegen.

Viele sehen da nur den Weg ins Ausland. "Wir haben bereits zahlreiche Anfragen von deutschen Unternehmen, die in Osteuropa investieren wollen", berichtet Josef Meerpohl, Vorsitzender des Aufsichtsrates bei Big Dutchman, Hersteller von Fütterungsanlagen und Stalleinrichtungen mit weltweiter Ausrichtung. Das wird auch die deutsche Futtermittelindustrie treffen.

Europäische Schieflage befürchtet

Auch in Spanien und Frankreich werde kräftig aufgestockt. Erklärtermaßen beabsichtigen diese Länder nicht die EU-Richtlinien umzusetzen und ab 2003 ein Huhn weniger pro Käfig zu halten. "Das bringt die ganze europäische Eierbranche in eine gefährliche Schieflage", so Hans-Thomas Freiherr von Meerheimb, geschäftsführender Gesellschafter der Gutshof-Ei in Schackendorf.

"Wie sollen wir da konkurrenzfähig bleiben. Die Entscheidung vom 19. Oktober kommt für unser einer Enteignung gleich." Viel lieber als Schadensersatz wäre ihm jedoch eine Gleichstellung der Branche in Europa. Diese Hoffnung scheint aber bis auf weiteres dahin zu sein. "In Deutschland wird es keinen genehmigten Käfig mehr geben", so Behrens, "auch keinen ausgestalteten."

Unternehmen, die sich vor drei oder vier Jahren mit neuen Käfiganlagen ausgestattet haben, sehen sich heute in einer verfahrenen Situation. Noch längst sind die Anlagen nicht abgeschrieben.

"Das ist etwa nach 10 Jahren der Fall", so ein Kenner, "und erst dann wird das Ganze erst profitabel." Insbesondere Unternehmen in den neuen Bundesländern wären sehr besorgt, so die Landkost-Ei in Bestensee. "Bis 2006 können wir eine Umstellung nicht schaffen", sagt eine Sprecherin des Unternehmens, "selbst 2009 wäre knapp gewesen. Wir haben kein Konzept."

Industrie kaut Käfigeier

"Wie Frau Künast ja selbst schätzt, werden in Deutschland etwa 20 Prozent der konsumierten Eier maximal aus alternativen Haltungsformen kommen", so Meerpohl, "die restlichen 80 Prozent müssen wir aus dem Ausland beziehen."

Insbesondere die Industrie werde sich wohl kaum einen Umstieg auf alternativ produzierte Eier leisten wollen, so Meerheimb. Rund ein Drittel der in Deutschland konsumierten Eier gelangen zur industriellen Verarbeitung, wo derzeit nur die wenigsten die Herkunft der Ware als Auswahlkriterium heranziehen.

"Wir müssen aber unbedingt den Handel überzeugen, künftig noch stärker auf deutsche Ware zu setzen", mahnt Behrens. Bislang geführte Gespräche im Zuge von Jahresgesprächen ließen diesbezüglich hoffen.

Anderen scheint die Solidarität des Handels eher zweifelhaft. "Derzeit gibt es landauf, landab wieder Angebote von 99 Pfennig für 10 Eier. Auch Aldi hat die Preise für Freilandware von 2,49 DM auf 2,29 DM gesenkt, obwohl neue Verträge frühestens ab Januar anlaufen werden." (LZ, 6. November 2001)

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