Starke Unterstützung für Tierschutzaspekte in Schweden

Das schwedische Schächtverbot gründet sich auf zwei Paragraphen des Tierschutzgesetzes. Demnach müssen Tiere, wenn sie zum Schlachten geführt werden sowie während des Schlachtvorgangs, vor vermeidbarem Leid geschützt werden. Vor dem Entbluten muss das Schlachttier betäubt werden. Andere Massnahmen beim Schlachten dürfen erst vorgenommen werden, wenn das Tier tot ist. Der Kehlschnitt ohne Betäubung ist also in Schweden verboten.

Auch in Schweden ist die Forderung der betroffenen religiösen Gruppen nach einer Aufhebung des Schächtverbots in den letzten Jahren stärker geworden. Muslime und Juden werden in ihrer Forderung, das Schächten gemäss den Regeln ihrer Religionen durchzuführen, vor allem von kirchlichen Vertretern unterstützt sowie von Organisationen und Institutionen, die sich - auf freiwilliger Basis oder von Amts wegen - grundlegend positiv dazu stellen, dass den Einwanderergruppen in Schweden die Beibehaltung ihrer kulturellen und religiösen Traditionen so weit wie möglich gestattet werden soll. Dazu gehörten bisher unter anderem jene Regierungsmitglieder (unabhängig von ihrer politischen Zugehörigkeit), die für Einwandererfragen zuständig waren, der Diskriminierungs-Ombudsmann und der Verband der christlichen Sozialdemokraten.

Tierschützer sind gegen das Schächten. Auch in Schweden kämen ohnehin schon an vielen Schlachthöfen brutale Übergriffe vor. Es bedürfe viel eher einer Verschärfung des Tierschutzes, ein Aufheben des Schächtverbots wäre ihrer Ansicht nach ein Schritt in die entgegengesetzte Richtung.

Auch die schwedischen Veterinäre sind fast einhellig der Auffassung, dass die traditionelle Halal- und die Kosher-Schlacht das Leid der Schlachttiere erheblich erhöhen würden.

Gegen eine Aufhebung des Schächtverbots sind darüber hinaus unter anderem der Verband der Landwirte sowie unter den politischen Gruppierungen die grüne Umweltpartei (Miljöpartiet) und die - traditionell dem ländlichen Raum verbundene - Zentrumspartei.

Jene, die das Verbot aus tierschützerischen Beweggründen beibehalten wollen, werden allerdings häufig durch «Unterstützung» aus antisemitischen beziehungsweise fremdenfeindlichen Kreisen diskreditiert. Dagegen wird von jüdischer und muslimischer Seite nur äusserst selten der Vorwurf geäussert, die Gegner des Schächtens hätten antisemitische oder rassistische Tendenzen. Man erkennt die lauteren Motive des Gegners an, behauptet aber, der Schächtvorgang sei für die Tiere nicht schmerzhafter als andere Schlachtmethoden.

Eine Aufhebung des Schächtverbots steht in Schweden gegenwärtig nicht ernsthaft zur Debatte. Im Gegenteil: Das Amt für Landwirtschaft, welches das Tierschutzgesetz interpretiert und die entsprechenden Vorschriften erlässt, hat erst im Juli eine detaillierte Beschreibung der zugelassenen Methoden verabschiedet, was eher als eine Verschärfung gedeutet werden kann. An eine Lockerung werde zurzeit nicht gedacht, wird von der zuständigen Beamtin erklärt. Allerdings hat die Regierung 1998 dem Amt für Landwirtschaft auch den Auftrag erteilt, alljährlich zu prüfen, ob eventuell neue religiöse Schlachtmethoden, die nicht gegen die schwedischen Bestimmungen verstossen, entwickelt werden.

Mehrere islamische Organisationen haben sich aber inzwischen ohnehin zu einem Kompromiss bewegen lassen, so dass heute von einer Reihe schwedischer Schlachthöfe Fleisch geliefert wird, das den Halal-Stempel trägt. Die Tiere werden dort gesetzesgemäss unter Betäubung geschlachtet, woran sich sofort ein Gebetsritual anschliesst. Diese Methode wird aber längst nicht von allen Muslimen anerkannt. Der Bedarf an traditionsgemäss geschächtetem Fleisch wird teilweise durch Importe gedeckt, aber auch durch illegales Schwarzschlachten.

In der schwedischen Bevölkerung finden traditionsgemäss tierschützerische Argumente starke Unterstützung. Dies wurde vor fünfzehn Jahren noch verstärkt, als die beliebte Kinderbuchautorin Astrid Lindgren sich an die Spitze einer Bewegung für «glückliche Tiere» stellte, die grossen Zuspruch erhielt und in der Folge zu einer Reihe von Veränderungen in der Gesetzgebung führte. In Schweden ist das Bewusstsein für tiergerechte Haltung, Fütterung und Transporte sowie für ökologische Produkte vergleichsweise stark. (NZZ, 21. Dezember 2001)

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