Interview www.veganismus.de

Nachdem wir im letzten Heft www.vegan.de befragten, beschäftigen wir uns in diesem Heft mit einer einer umstrittenen aber auch konsequente Internetseite zum Thema Veganismus. www.veganismus.de, ein Projekt der Tierrechtsinitiative Maqi - für Tierrechte, gegen Speziesismus. Die Tierbefreiung befragte Achim Stößer von Maqi dazu.

Was erwartet mich bei veganismus.de?

An eigenen Inhalten gibt es vor allem einige Einführungstexte zum Veganismus, ein FAQ (also eine Liste häufig gestellter Fragen mit ausformulierten Antworten, von "Was ist an Tiermilch auszusetzen?", "Was soll ich mit meinen alten Lederschuhen machen?", "Wenn ich jetzt auch noch Käse weglasse, was lege ich dann aufs Brot?" und "Dürfen Veganer ...?" über "Ist es nicht unmöglich, 100% vegan zu leben?", "Können Katzen vegan ernährt werden?" und "Wenn ein paar einzelne Tiere befreit werden, bleiben Millionen zurück, was bringt das?" bis zu Erwiderungen auf Standardrechtfertigungsversuche wie "Löwen fressen doch auch Antilopen", "Pflanzen leiden doch auch", und natürlich "Hitler war Vegetarier"), außerdem ein Nachrichtenarchiv mit kommentierten Pressemeldungen. Vor allem ist veganismus.de eine Art Portal, eine Einstiegsseite zu den Texten und dem Bildarchiv von maqi.de, dem Material unserer Seiten antiSpe.de (u.a. mit Foren, Artikeln, Terminen und aktuellen TV-Tips) und tierrechtskochbuch.de mit Informationen und Rezepten.

Wie finanziert sich veganismus.de?

Maqi verzichtet bewußt auf das aktive Sammeln von Spenden, und auf den Websites wollen wir Informationen bieten, nicht durch lästige Bannerwerbung den Besuchern Zeit stehlen (Werbebanner gibt es daher nur dort, wo sie für die Nutzung kostenloser Internetdienste wie etwa Foren oder Suchfunktionen erforderlich sind, und so wird es hoffentlich auch bleiben). Dadurch sind wir unabhängig und können euphemismenfrei klare Fakten präsentieren, den Tätern schonungslos einen Spiegel vorhalten, ohne Rücksicht darauf nehmen zu müssen, etwaige Spender oder Werbekunden zu verprellen. Selbstverständlich haben wir auch das Partnerprogramm mit der Internetbuchhandlung Amazon beendet, als sich herausstellte, daß diese unaufgefordert Gummibärchen den Sendungen beilegte. [gestrichen: Ihr habt Amazon aufgrund unseres Boykottaufrufs inzwischen ja ebenfalls von Eurer Seite genommen, da ein solcher Link natürlich mit den Tierrechten nicht vereinbar wäre.] Die paar Euro, die die Websites kosten, fallen bei den Kosten für unsere Aktionen und Informationsmaterial kaum ins Gewicht - die wirklichen Kosten bestehen im Arbeitsaufwand, all den Personenjahren, der Zeit die in den Seiten stecken.
(Anmerkung der Redaktion: Wir haben unser Partnerprogramm zu Amazon mittlerweile ebenfalls beendent)

Häufig wird die rigide Löschpolitik der Foren von veganismus.de (wie auch bei www.vegan.de siehe Tb a Nr. 34) kritisiert. Ist das gerechtfertigt?

Foren auf Stammtischniveau gibt es im Internet wirklich mehr als genug. Bei unseren Foren legen wir dagegen Wert darauf, daß die Foren nicht der bloßen Unterhaltung dienen, sondern Tierrechte, Tierbefreiung, Antispeziesismus und Veganismus fördern. Das bedeutet unter anderem, daß wir Qualität, nicht Quantität anstreben. Daß unzutreffende Aussagen nicht, oder nicht unwidersprochen stehen bleiben, versteht sich von selbst. Andere Foren quellen über von der soundsovielten Wiederholung der immer gleichen Rechtfertigungsversuche oder Provokationen von Trollen, von Desinformation etwa über angeblich vegane Produkte und Smalltalk. Das wollen wir unseren Lesern ersparen. Andere Foren ersparen den Lesern dagegen lieber die Realität und löschen Faktennennungen, nur weil diese den Tätern womöglich unangenehm sein könnten - vermeintliche Höflichkeit ist manchen wichtiger als Aufklärung, das angebliche "Verletzen der Gefühle" oder "Angreifen" der im Blut watenden Täter dadurch, daß sie mit den Tatsachen konfrontiert werden, wiegt absurderweise schwerer als all ihre Massaker. In unseren Foren dürfen dagegen diejenigen, die Leichen fressen, getrost Leichenfresser genannt werden.

Wenn aber nur eine Meinung zugelassen ist, wie kann dann diskutiert werden?

Wer die Foren aufmerksam liest, findet dort die unterschiedlichsten Meinungen. So ist beispielsweise der Artikel "Verbot der Käfighaltung - ein Pyrrhussieg?" (siehe Tierbefreiung Nr. 33) aus einem Meinungsaustausch im Forum entstanden. Aber die in anderen derartigen Foren übliche Hetzpropaganda und die Rechtfertigungsversuche von Tierrechtsverletzern, Tierproduktkonsumenten (einschließlich Pseudoveganern), Tierqualprofiteuren und Speziesisten hat darin ebensowenig zu suchen, wie es die Propaganda und Rechtfertigungsversuche von Folterern und Kriegstreibern in einem Menschenrechtsforum, Heroindealern in einem Antidrogenforum, an religiösen Wahnvorstellungen Leidenden in einem Atheismusforum oder Nazis in einem Antifaschismusforum hätten. Diese Foren sind jedenfalls nicht der Ort, zum achthundertsiebenundzwanzigsten Mal ellenlang auszuführen, daß und warum lila Kühe und "glückliche" Hühner so wenig mit der Realität zu tun haben wie revisionistische Hetzschriften, die Konzentrationslager zu Erholungsheimen erklären.

Die ewig gleichen Diskussion über die immer gleichen Lügen sind völlig unergiebig und kosten uns alle nur Zeit und Nerven, die wir viel besser in anderes investieren können. Wer glaubt, Tiere sollten möglichst schonend umgebracht werden, dann sei das schon in Ordnung, ein bißchen Milchschokolade zu essen schade keiner Kuh, Veganismus sei schädlich, Menschen seien keine Tiere etc., kann sich jederzeit über die Wirklichkeit informieren, beispielsweise durch die Informationen und Bilddokumente auf unseren Websites. Diskutiert werden muß das nun wirklich nicht mehr.

Deine Kritik ist oft ziemlich heftig. Solltest du dich nicht auf dich besinnen, statt immer nur andere anzugreifen, schließlich begehst du auch Fehler?

Es geht nicht um mich, sondern um die Tiere. Wir können keine Kompromisse auf deren Kosten machen. Natürlich mache ich Fehler, ich kritisiere das auch nicht bei anderen (weise sie allenfalls darauf hin, so wie ich auf Fehler, die ich mache, hingewiesen werden möchte: das könnte konstruktive Kritik genannt werden), was ich wirklich kritisiere, ist fahrlässiges oder gar bewußtes ethisch inakzeptables Handeln. Richtig, ich mache Fehler - beispielsweise war ich früher nicht vegan. In der Zeit, in der ich hätte vegan sein können, wurden unzählige Tiere für mich umgebracht. Ich wäre es aber viel eher geworden, hätte mir jemand deutlich klar gemacht, was nichtvegan sein bedeutet (so, wie wir das heute bei Maqi, auf veganismus.de usw. tun), statt um den heißen Brei zu reden, und ich bin nicht der einzige, dem es so geht, immer wieder erzählen mir Veganer, daß ihnen erst unsere klaren Worte den nötigen Anstoß gegeben haben, und viele äußern sich dahingehend, daß sie sich wünschten, jemand hätte ihnen früher die Augen geöffnet.

Sehr viele TierrechtlerInnen nehmen dich (deine Arbeit respektiere ich sehr) nicht ernst, wäre nicht schonendere Kritik angebracht?

Wer seinen Egoismus über ethisches Verhalten stellt, bei dem ist allenfalls etwas über Zwangsmaßnahmen, etwa gesetzliche Sanktionen, wie sie teilweise bereits in bezug auf verschiedene Spezies existieren, zu erreichen, nicht dadurch, daß er höflich gebeten wird, doch bitte etwas weniger Tiere umzubringen. Wer dagegen ethisch verantwortlich leben will, wird vegan, sobald ihm bewußt wird, daß für Milch- und Eikonsum ebenso Tiere mißhandelt und umgebracht werden wie für den direkten Verzehr der Körper, und zwar um so eher, je eher der Groschen fällt. Daher ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern zwingend notwendig, mit aller Deutlichkeit, klar, schonungslos, drastisch und ohne Schönfärberei darauf hinzuweisen. Es gibt zwei Arten von Kritik an unserer Vorgehensweise: die einen wollen mit dem Kaplanschen Antiveganismus-Mantra oder mit gebetmühlenartiger Wiederholung der Phrasen vom "die Leute nicht abschrecken", sie "da abholen, wo sie stehen" etc., um jeden Preis (auch auf Kosten der Opfer) Konfrontation vermeiden und statt dessen einen Kuschelkurs mit den Tätern fahren, ignorieren dabei jedoch die tiefenpsychologische Studien (Informationen über einige davon nachzulesen auf antiSpe.de), die ebenso wie die oben angerissenen Erfahrungen zeigen, daß unsere kompromißlose Argumentationsweise die effektivere ist, und beharren weiter auf ihrer Ansicht, auch wenn sie darauf verwiesen werden.

Die zweite Art von Kritik besteht im Verbreiten von Lügen und Denunziation: beispielsweise, ich hätte Katzen verhungern lassen, weil ich sie mit Gewalt vegan ernähren wollte (tatsächlich wurden sie, wie viele andere vegane Katzen, mit Vegecat ernährt, und sie sind natürlich nicht verhungert, sondern waren FIV-infiziert); ich hätte gesagt, ich würde keine nichtveganen Tiere befreien; ich würde eine Pornowebsite betreiben (www.achim.stößer.tart.com - diese Seite existiert perfiderweise tatsächlich, aber ebenso existiert www.alice.schwarzer.tart.com oder www.rudi.steffen.tart.com, weil eben alles, was auf tart.com endet, auf diese Seite umgeleitet wird) usw. Seit kurzem wird auch verbreitet, Maqi würde im Winter Hühner befreien, die dann erfrieren - was natürlich ebenfalls Unfug ist, im Winter befreien wir Hühner ausschließlich dann, wenn geeignete Plätze mit Rotlicht zur Verfügung stehen (siehe Tierbefreiung Nr. 34, S. 11). Die Absicht, die hinter solchen Verleumdungskampagnen steckt, ist offensichtlich, aber letztlich zeigen sie nur, daß wir recht und unsere Gegner keine Argumente haben, so wie auch Antiveganismuspropagandist Kaplan, der mich, als ich ihn wegen seines Drüsensekret- und Menstruationsproduktkonsums kritisierte (übrigens mit nahezu den gleichen Worten, mit denen er Ursula Wolf kritisierte, weil sie Fische frißt), als "gefährlichen, selbstgerechten Szene-Autisten" bezeichnete - was beweist, daß er argumentativ am Ende ist.

Ich jedenfalls nehme Leute nicht ernst, die sich Tierrechtler nennen und gleichzeitig Käsepizza fressen. Sie sind ebenso widerwärtig wie solche, die sich Tierschützer nennen und diejenigen, die sie zu schützen vorgeben, auffressen.

Herzlichen Dank für das Gespräch, die Fragen stellte Rudi Steffen (rudi@die-tierbefreier.de).

Das Interview wurde geführt am 1. März 2002 und erschien in der Tierbefreiung aktuell Nr. 36, Juni 2002

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